Seit Mitte der 90er Jahre hat Friedemann Schulz von Thun drei Bände zur Kommunikationspsychologie „Miteinander reden“ im rororo-Verlag geschrieben, die zur Standardliteratur in dem Bereich gehören.
Hier möchte einige seiner wesentlichen Modelle anführen und am Ende ein Vergleich mit der GFK wagen. Es ist quasi ein Sugo oder Best-of Schulz von Thun. J
Das Vier-Seiten-Modell einer Nachricht[1]
Teufelskreis – Beispiel[2]
Teufelskreis – Ausweg Metakommunikation[3]
Wertequadrat [4]
Situationsmodell der vier Komponenten[5]
Das Situationsmodell ist eine Hilfe für die Vorbereitung eines Gespräches und die Analyse und hilft, einen umfassenden systemischen Blickwinkel einzunehmen.
- Vorgeschichte/Anlass der Gesprächssituation
- Thema/Inhalt/Sachebene: Worum geht es eigentlich?
- Zwischenmenschliche Konstellation: Die Rollen der Personen und die Beziehung untereinander.
- Absicht/Ziele/Sinnhaftigkeit der Konstellation:Wozu ist das Gespräch da? Wohin soll es führen?
Idealer Gesprächsablauf [6]
Vor dem Gespräch
- Selbstklärung
- Rahmenklärung
- Vereinbarung zum Gespräch
Im Gespräch
- (Markanter) Gesprächseinstieg
- Klärung der Standpunkte
- Klärung der Hinter- und „Untergründe“
- Lösungssuche und das Treffen von Vereinbarungen
- (Manchmal:) Das Gespräch reflektieren
Prinzip der selektiven Authentizität[7]
Hier beruft sich Schulz von Thun auf Ruth Cohn, Begründerin der TZI, die das Prinzip der selektiven Authentizität vor allem für die Seite der Selbstkundgabe geprägt hat.
Wesentliche Aspekte sind dabei:
Offenheit ist etwas, was nicht von Anfang an möglich ist, sondern sich entwickelt
Echtheit setzt zuerst voraus, dass ich mir meiner inneren Regungen bewusst bin und sie formulieren könnte – was nicht immer der Fall
Dann entscheide ich, was in dieser Situation und mit diesem Menschen angemessen ist und wähle aus meiner Wahrheit aus. Optimale Echtheit hat danach immer selektiven Charakter.
Brad Blanton geht mit seinem Ansatz „radical honesty“ weit drüber hinaus. Er geht davon aus, dass die Wahrheit ruhig ungeschminkt so mitgeteilt werden kann. Auch ein spannender Ansatz.
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ Ingeborg Bachmann
Das Ideal der Stimmigkeit [8]
„Stimmigkeit heißt: in Übereinstimmung mit der Wahrheit der Gesamtsituation, zu der neben meiner inneren Verfassung und meiner Zielsetzung auch der Charakter der Beziehung (auch: Rollen-Beziehung), die innere Verfassung des Empfängers und die Forderung der Lage gehören.“[9]
Mir selbst gemäß | authentisch + identitätsgemäß |
Der Situation entsprechend | Situations- und systemgerecht |
Prinzipien der Verständlichkeit[10]
Hier bezieht sich Schulz von Thun auf seine ersten Forschungen im Bereich der Verständlichkeit. Er hat dabei vier Prinzipien entdeckt, die einen verständlichen Text oder eine verständliche Mitteilung kennzeichnen:
- Einfachheit (versus Kompliziertheit)
- Gliederung/Ordnung (versus Unübersichtlichkeit)
- Kürze/Prägnanz (versus Weitschweifigkeit)
- Zusätzliche Stimulanz (versus keine zusätzliche Stimulanz), z.B. Beispiele aus der Lebenswelt der Leser/sprachliche Bilder und Analogien/graphische Abbildungen/Selbstkundgabe – eigene Erfahrungen schildern
Diese Prinzipien gelten vor allem für die Sach-Ebene einer Nachricht.
Vergleich Schulz von Thun/ Rosenberg
GFK | Schulz von Thun |
Humantistische Psychologie + Carl Rogers: Echtheit, Empathie, wertschätzende Haltung | |
Wolf/ Giraffe | Keine solche Unterteilung, evtl. Extreme bei dem Wertequadrat oder differenzierter durch das Innere Team |
Vier-Schritte-Modell als Hilfe und tw. Vorbild „guter“ Kommunikation | Vier-Seiten sind eine Orientierung, Ablehnung von Modellen „guter“ Kommunikation |
Wahrnehmung = evtl. Sachebene Gefühle + Bedürfnisse = evtl. SelbstkundgabeBitte = Appell Beziehungsbotschaft implizit durch wertschätzende Haltung/ Echtheit/ Empathie | Vier Seiten einer Nachricht |
Wunsch, klare „Ich-bin-Gefühlswörter“ zu verwenden ohne Interpretation/Vorwürfe | Jeder Gefühlsausdruck ist hilfreich, keine strikte Ablehnung der sog. Pseudogefühle |
Echtheit in der Kommunikation auf Basis der Vier-Schritte | Selektive Authentizität und Stimmigkeit |
Empathie – Zuhören auf Basis der Vier-Schritte | Aktives Zuhören, Vier Ohren einer Nachricht |
Eher nicht vorhanden, wenn meine Meinung/ Einstellung sagen: Ich meine… | Konfrontative Du-Botschaft: Du bist…. |
Wolfsohren/ Giraffenohren | Vier Ohren einer Nachricht = der Empfänger ist verantwortlich für das Hören |
Keine Hinweise auf die Kommunikation in Teams/ Gruppen | Modelle/ Abläufe für Gruppen und Teams |
Keine solche Modelle – aber alle Modelle lassen sich gut in die GFK integrieren, es gibt da keinen Widerspruch | Wertquadrat, Teufelskreis, Situationsmodell, Inneres Team |
Ressourcen
- Kommunikation und Seminar, Ausgabe 01/2010, S. 6.-18 auf http://www.ksmagazin.de/uploads/tx_flmheftarchiv/KuS-01-2010-monitor.pdf
- Schulz von Thun, Friedemann/ Ruppel, Johannes/ Stratmann, Roswithat: Miteinander Reden. Kommunikationspsychologie für Führungskräfte, rororo, 2000.
- Schulz von Thun, Friedemann/ Zach, Kathrin/ Zoller, Karen: Miteinander reden von A bis Z. Lexikon der Kommunikationspsychologie, rororo, 2012
- Stierlin Doctor, Larissa: Kommunikationspsychologie nach Schulz von Thun und GFK nach Rosenberg – eine gegenseitige Bereicherung?, aus Schulz von Thun, Friedemann/ Kumbier, Dagmar (Hrsg): Impulse für Kommunikation und Alltag, S. 115-155
Fussnoten
[1] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden für Führungskräfte, S.34
[2] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden für Führungskräfte, S.43
[3] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden für Führungskräfte, S.45
[4] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden für Führungskräfte, S.53.
[5] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden Band 3, S.284/ Führungskräfte S. 60
[6] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden für Führungskräfte, S.122 (ausführlich S. 107-22)
[7] Vgl. Schulz von Thun, Friedemann, Miteinander Reden Band 1, S. 116-128
[8] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden Band 3, S. 306.
[9] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden Band 1, S. 121.
[10] Vgl. Schulz von Thun, Friedemann, Miteinander Reden Band 1, S. 140-55.