Wie soll politik konkret gelebt werden, so dass die Bevölkerung wieder Vertrauen in die Politik hat?
- Der demokratische Parlamentarismus (ersten drei Gewalten)
- Die Parteiendemokratie (als real existierender Gegenpol zum demokr. Parlamentarismus)
- Die Medien sowie Forschung
- Die Lobbyisten
- Die Macht hinter den Lobbyisten
- Alternative Think Tanks
Der demokratische Parlamentarismus (die ersten drei Gewalten)
Das Volk ist der Souverän und delegiert die politischen Entscheidungen an die verschiedenen Kammern von Stadt, Bundesland und Staat.
Leider ist der Einfluss derzeit vor allem auf die Wahl bestimmter Parteien beschränkt sowie indirekt über Petitionen, NGOs und öffentliche Meinung. Ich gebe meine Stimme ab und die Politiker machen meistens eine Politik ihrer direkten Einflussgruppen. Das widerspricht für mich dem Geist der Demokratie.
Wirkliche Gewaltenteilung: Legislative, Exekutive und Judikative
D.h. kein Franktionszwang mehr, der ist verfassungswidrig, damit wirkliche Trennung von Legislativen und Exekutiven. Experten als Minister, nicht Partei-Soldaten.
Dieses unsägliche Schauspiel im Parlament zwischen Opposition und Regierung muss aufhören und stattdessen geht es um sinnvolle Sachpolitik zum Gemeinwohl, nicht einseitiger Interessenspolitik. Dafür wären eigentlich die Ausschüsse da.
In den 90er Jahren habe ich ein einwöchiges Praktikum im Bundestag bei der SPD-Abgeordneten Renate Rennebach gemacht. Bei 1-2 Ausschuss-Sitzungen hatte ich mit SPO-Abgeordneten gesprochen, die damals in der Opposition waren. Sie sagten: „Jede Fraktion lädt die Experten ein, die zu ihrer Position passen. Das ist dann ein Schaulaufen und keine wirklich-sachliche Auseinandersetzung.“
Auf der Ausschuss-Ebene könnte soziokratisch nach guten Lösungen gerungen werden. Leider verhindert der Fraktionszwang das häufig und das Lager-Denken.
Ich wünsche mir eine konstruktive Oppositionspolitik, bei der ich meinen Werten und meinem Programm treu bin, auch wenn ich mit der Regierung zusammenarbeiten würde. Nicht „Contra“ auf jeden Fall.
Einige Ideen
- Mehr direkte Demokratie – nach dem Schweizer Vorbild (vgl. deliberative Demokratie)
- Zufallsprinzip bei Abgeordnetenwahlen,vgl. Melbourne oder Bürgerparlament als Konzept
- Initiative „starke Abgeordnete“, die die Freiheit der Abgeordneten stärken möchte
Die Partein-Demokratie (als real existierender Gegenpol)
Die Macht geht derzeit eher von den Parteien und ihren Interessensgruppen aus, denn vom Volke. Koalitionsverträge, Fraktionszwang und Lobbyismus verhindern eine wirklich lebendige Demokratie, in der die Abgeordneten im Sinne des Volkes und ihres Gewissens handeln (vgl. das freie Spiel der Kräfte im öster. Nationalrat in der Regierungszeit von Bierlein).
Es gibt eine Reihe von negativen Phänomenen der Parteien-Demokratie wie z.B.
- illegale Parteienfinanzierung und politische Einflußnahme durch Spenden
- der Fraktionszwang und damit die Entmachtung des Gewissens einzelner Abgeordnete
- der Parteienproporz, d.h. die Ämterbesetzung aufgrund von Parteibuch anstatt auf Basis von Kompetenzen, z.B. Peter Sildo
- wenig Transparenz über die Nebeneinkünfte und Lobbytreffen von Politikern und damit die Verführung zur Korrumpierbarkeit
- freundschaftliche Netzwerke innerhalb der Politik oder mit Macht-Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft (vgl. Power structure Research oder deep-state)
- Verkauf von Staats-/Volkseigentum (Immobilien, Beteiligungen) oder Gewährung von Förderungen/Subventionen an Parteispender (z.B. KTM-Museum) oder freunschaftliche verbundene Menschen (vgl. Amigo-Affäre)
Parteien und ihre Finanzen
- vgl. CDU-Spendenaffäre, vgl. Straches Aussagen im Ibiza-Video
- solide Grundfinanzierung
- Verbot von Wahlwerbung jeder Art, Ausnahme Wahlomat oder Infos auf der eigenen Webseite, öffentliche Diskussionen
- Whistleblowerschutz für Politiker
Koalitionsverträge und Fraktionszwang
Ein Koalitionsvertrag gibt Sicherheit in der Legislative, aber verhindert auch dynamisches Nachsteuern im Laufe der Regierungszeit. Stattdessen Grundlinien und dann KonsenT-Einigungen in den jeweiligen Ausschüssen, am besten mit allen Partein. Auch Zulassen von sich ändernden Mehrheiten. Eine Koalition für die Regierung, aber nicht für alle Gesetze der beiden Parteien.
Jeder Abgeordnete kann seinem Gewissen folgen. Fraktionsdisziplin ist verfassungswidrig und damit sollte Schluss, meine Zeit.
Ethik für Berufspolitiker
Mir gefällt das grundsätliche Konzept des „ehrbaren Kaufmanns„, das ich gerne adaptiert auch in der Politik sehen möchte. Mir taugt da der Verhaltenskodex für Abgeordnete, den Marco Bülow und Gerhard Schick erarbeitet haben. Einige Gedanken zum „christlich“ finden sich hier.
Einige Ideen für Vollblutpolitiker (vgl. Lobbyisten):
- Keine Nebentätigkeiten – Abgeordnete zum Bundestag/Landtag sind Vollzeitberufe
- Gläserne Abgeordnete, d.h. Terminplan, Konten, Steuererklärung werden publiziert und unabhängig auditiert (vgl. Sitzungsdisziplin der BT-Abgeordnete oder EU-Parlamentarier)
- Karenzschutz, d.h. Rückkehr in den gleichen Job zu gleichen Konditionen garantiert
- Drehtürverbot von 10 Jahren, d.h. nach Mandatabgabe 10 Jahre nicht in dem Feld arbeiten, in dem er vornehmlich als Abgeordneter gedient hat, hohe Strafen
Was sind für mich Vorbilder für „Berufspolitiker“?
Das ist noch eine unvollständige Liste, aber soll etwas Hoffnung machen. Ich habe jetzt noch nicht genau geforscht, es sind Bauch-Kandidaten. Solange sie sich keiner Vergehen schuldig machen, vertraue ich da meinem Bauchgefühl.
- Bernie Sanders – soziales Gewissen in den USA, beharrlich, direkt und fair
- Dag Hammersklörd
- Jon Gnar: Ehemalige Bürgermeister von Reykjavic
- Josep „Pepe“Mujica – Ehemal. Präsident von Venezuelas
- Marco Bülow (SPD)
- Norbert Gansel (SPD) – „Gansel hatte keine Nebenjobs und er nahm keine Spenden von Firmen oder Verbänden an und veröffentlichte seine Einkünfte und deren Herkunft auf seiner Homepage. Um den Kontakt zur beruflichen Realität nicht zu verlieren, machte er einmal im Jahr ein „Praktikum“ bei einer Werft, bei der Post oder im Bergwerk.“
- Sven Giegold (Grüne) – unterstützt auch die GWÖ, Attac-Mitbegründer
Die Medien (als vierte Gewalt) sowie Unabhängigkeit der Forschung
Verstrickungen deutscher Medien (Die Anstalt)
Die Vielfalt der Medien (Die Anstalt)
Volker Pispers – Wem gehören die deutschen Medien:
Kontrast.at – Überblick zur Medienlandschaft in Österreich
Was gibt es noch an kritschem Journalismus?
- Einige überregionale Tageszeitungen wie z.B. FAZ, Süddeutsche, taz, Welt, NZZ
- Einige wöchentliche Magazine wie z.B. Augustin (Wiener Obdachlosenzeitung) Falter, Spiegel, Zeit
Einige kritisch-konstruktive Online-Medien
- Addendum (Österreich, links)
- Apolut
- Correctiv
- Deutschlandfunk Kultur
- Deutsch-RT
- Heise Telepolis
- Jung und Naiv
- KEN-FM
- Die Kolumnisten
- Kontext-TV
- Kontrast.at (SPOE-Magazin, aber gut recherchiert)
- Krausreporter
- Lunapark 21 (Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie)
- Nachdenkseiten
- Netzfrauen (etwas polemisch, aber gut recherchiert)
- Projekt Censored
Es gibt ein spannendes Interview mit Sebastian Klein und Miro Tesselaar zu alternativen Journalismusprojekten und deren Finanzierung im Standard.
Neben den unabhängigen Medien braucht es auch eine unabhängige Forschung, die nicht die Interessen der besonderen Geldgeber nachgeht, sondern nach aktuellen wissenschaftlichen Standards Erkenntnisse formuliert.
Auf einer Bergwanderung von gut zwanzig Jahren erzählte mir unser Wanderführer, der Wasserforschung in Berlin machte, dass schon vor Start der meisten Studien feststeht, was als Ergebnis rauskommen soll.
Lobbycontrol hat aktuell das Forschungsvorhaben von DENA zur Klimaneutralität kritisch beleuchtet.
Christian Felber hat mit seinem Buch „This is not economy“ kritisch die Wirtschaftswissenschaften betrachtet (was der Deutschlandfunk in einer Rezension sehr kritisch sieht – dann beginnt der Diskus darüber, sachlich und nicht persönlich)
Die Lobbyisten
Die Macht des Lobbyismus – MrWissen2go
Schön auch aus der Anstalt: „Mont Pelerin Gesellschaft“
Probleme
- Wirtschaftslobbyismus: Externe schreiben mit an Gesetzen
- Aktive Politiker sind gleichzeitig „Berater“ z.B. hatte gründete Jens Spahn mit seinem Bürochef und einem Lobbyisten eine Politikberatungsagentur „Politas“ und arbeitete auch mit Pharmakunden zusammen, während er gleichzeitig an Gesundheitsgesetzen mitwirkte.
- Drehtüreffekt, d.h. Politiker arbeiten kurz nach ihrem Ende auf der anderen Seite als Berater z.B. Roland Pofalla (Deutsche Bahn) oder Wolfgang Clement. Hier sind noch weitere Beispiele gesammelt von Lobbycontrol.
Einige radikale Forderungen
- Verbot von Lobbyismus mit Gefängnisstrafe für jede Form von heimlicher Einflussnahme auf Politiker und Gesetze. In den Ausschüssen werden Experten gehört, es gibt einen wissenschaftlichen Dienst des BT und aus die Maus
- Verbot von Parteispenden, Gefängnisstrafe von 10 Jahren, Verbot von Wahlwerbung. Wahlomat reicht, öffentliche Diskussionen okay, vgl. deliberative Demokratie : Wer will die ganze Wahlwerbung sehen? Big-Data verhindern.
- Völlige Transparenz der Arbeit und Finanzen des Abgeordneten (transparenter Abgeordnete), jährlich unabhängig zu prüfender Bericht auf der Homepage
- Verbot von Nebenbeschäftigungen, Abgeordnete = 100% für den Bürger da, dafür Karenzschutz, d.h. er/sie bekommt den Job wieder in der gleichen Position oder noch besser ausreichende Rente nach 2-3 Legislaturperioden
- Interessenskonflikte vermeiden, d.h. Abgeordnete darf nicht in Ausschüssen sitzen, die direkt/indirekt seinen früheren Arbeitgeber betreffen, prinzipielles Drehtürverbot, d.h. 10 Jahren lang keine Arbeit in Branchen zu denen er gearbeitet hat
Weitere Quellen/Artikel
- Bundeszentrale für pol. Bildung zum Thema Lobbyismus
- Spiegel+ Artikel über Eutop als Lobbyist
- Süddeutsche-Artikel über die Einflüsterer
- Lobbycontrol
- Abgeordnetenwatch
- Transparence International (kritisch zu sehen, z.B. von TI Österreich sitzt in der AG Lobbyismus ein Lobbyist für Facebook, Coca Cola und Casino Austria : Peter Köppl und Mastermind).
- Access Info
Die Macht hinter den Lobbysten
Ich war einmal auf einer WKO-Veranstaltung. Die WKO ist die Interessensgemeinschaft der Wirtschaft in Österreich. Dort sagte ich zu einem recht unscheinbaren Mann: „Warum sitzen Sie nicht weiter vorne? Da gibt es noch genügend Platz – ich gehe auch dorthin!“ Er meinte: „Das brauche ich nicht. Da wo ich bin, ist vorne!“ Und sagte das mit einer unprätentiösen Selbstverständlichkeit.
Die Wirtschafts-Lobbyisten sind ja nur Handlanger. Von wem? Wer steckt dahinter?
Letztendlich die 1% oder genauer 0,1% der Superreichen. Nicht alle, nur die gierigen oder unbedarften Reichen, die einfach eine ordentliche Rendite sehen möchten. Für mich symbolisieren die Koch-Brothers in den USA so eher die dunkle Seite der Geld-Macht mit der Unterstützung der republikanischen Tea-Party. In dem Dokumentarfilm „Born rich“ scheinen die Eltern des Protagonisten einfach mit den Vermögensverwaltern zu planen, wie sie ihr Vermögen sichern, wahrscheinlich ohne wirklich zu wissen, welche Auswirkungen das hat.
Hans-Jürgen Kryzmanski hat als Soziologe sich genauer die 0,1% Superreichen angeschaut und versucht die verschiedenen Machtnetzwerke aufzudecken. Zwei etwas weniger wissenschaftliche Bücher sind von Christia Feelandy Plutcrats sowie von Hans-Jürgen Jacobs: Wem gehört die Welt.
Ein Oberbegriff für die empirische Forschung von Macht und Reichtum ist Power structure Research. In Österreich haben Stephan Püringer & Co im Auftrag der Arbeiterkammer das Netzwerk einiger Milliadäre untersucht.
Nicht jeder Superreiche ist eine Gefahr, aber einige sehr einflussreiche Menschen, die zudem eine deutlich antidemokratische Geisteshaltung haben wie z.B. Peter Thiel.
Hier ist noch ein Vortrag von Hans-Jürgen Jacobs:
Weitere kritische Quellen zu Blackrock als Beispiel sind:
- Ein schöner Beitrag über Blackrock vom Deutschlandfunk
- Ein weiterer kritischer Beitrag über Blackrock
Nicht alle Superreichen sind gierig und denken nur an sich und ihre Familien. Mir taugt eine Initiative aus den USA, in der einige Superreiche sich für mehr Steuern für Milliardäre einsetzen.
Für mich liegt die Ursache vieler gesellschaftlicher Probleme an der Gier der Einzelnen und an einer ungerechten Vermögens- und Einkommensverteilung. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.
Mein Vater konnte noch mit seinem Verdienst eine Familie ernähren, viele Menschen aus der Mittelschicht in den 70er und 80er Jahren konnten sogar noch sich ein Häuschen bauen. Heute reichen nicht mal die Einkommen von anderthalb Eltern aus, um eine kleine Familie zu ernähren. Diese finanzielle Unsicherheit stresst und führt auch leicht zum Sündenbockdenken: „Die Asylanten sind schuld, die nehmen uns unser Geld weg!“
Auch wenn ich es noch nicht besser formulieren kann und monokausale Zuschreibungen kritisch zu hinterfragen sind, liegt meiner Ansicht nach in dieser ungerechten Vermögens- und damit Macht-Verteilung die Wurzel vieles gesellschaftlicher Probleme…
Häufig ist es uns auch nicht bewusst, wie stark die Unterschiede sind. Soweit ich weiß, werden in Deutschland und Österreich nicht mal die Daten für eine genaue Aufschlüsselung der Vermögensverhältnisse gesammelt.
Hier ein Beitrag aus den USA, der sich gut auf Europa übertragen lässt:
Ein weitere Beitrag zum Thema ist bei Ironmeister zu finden.
Alternative Think Tanks
Ähnlich gelagerte Netzwerke und Organisationen, die sich kritisch-konstruktiv mit der derzeitigen Politik auseinander setzen:
Noch sehr oberflächliche Sammlung
- Attac Deutschland/Österreich
- Bundeszentrale für Politische Bildung
- Campact
- Democracy International (mehr direkte Demokratie)
- Gemeinwohl-Ökonomie
- Hans-Böckler-Stiftung
- Heinrich-Böll-Stiftung
- Institute for political Studies (FB)
- Lino Zeddies: Utopia 2048
- Mehr Demokratie Deutschland/Österreich
- Momentum-Institut
- New-economics-foundation
- Oxfam
- Science4future
- Solidaritätspakt Österreich
- Stiftung kulturelle Erneuerung (Check)
- Was sollen wir tun?